Eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln bringt die bisherige Finanzierung des Schienen-personennahverkehrs (SPNV) in ganz Deutschland ins Wanken.
Verwaltungsgericht Köln ruft EuGH zu SPNV-Trassenpreisen an: BSN fordert weiterhin Branchenlösung
Eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln bringt die bisherige Finanzierung des Schienen-personennahverkehrs (SPNV) in ganz Deutschland ins Wanken. In dem Rechtsstreit vor dem Verwaltungsgericht Köln geht es um die Höhe der Trassenpreise, die alle Eisenbahnverkehrsunternehmen für die Nutzung der Schienenwege an die DB InfraGO AG, den Betreiber des bundeseigenen Schienennetzes, zahlen müssen.
Nach dem Gesetz darf die DB InfraGO AG nur Trassenentgelte für den SPNV verlangen, die in gleichem Maße steigen wie die Regionalisierungsmittel, die der Bund den Ländern für die Finanzierung des SPNV zahlt (sogenannte Trassenpreisbremse). Diese Regionalisierungsmittel, die 2025 um 3 Prozent steigen, bilden eine Säule der Finanzierung des SPNV, für den seit der Bahnreform 1996 die Länder zuständig sind.
Das Verwaltungsgericht Köln hält diese Trassenpreisbremse für den SPNV für unvereinbar mit Regelungen einer europäischen Richtlinie zum Eisenbahnmarkt und will deshalb die Frage, ob die deutschen Regelungen zur Trassenpreisbremse europarechtswidrig sind, dem EuGH zur Entscheidung vorlegen.
Sollte der EuGH entscheiden, dass die gesetzlichen Vorschriften zur Trassenpreisbremse im SPNV in Deutschland nicht mit den Regelungen in der europäischen Richtlinie vereinbar sind, werden diese Trassenentgelte schon 2025 erheblich stärker steigen als 3 Prozent. Die den Ländern zur Verfügung stehenden Regionalisierungsmittel reichen schon jetzt nicht aus, die Kostensteigerungen im SPNV aufzufangen, sodass einige Bundesländer schon SPNV-Leistungen abbestellen mussten oder Angebotseinschränkungen planen.
„Mit der Übertragung der Aufgabe des SPNV auf die Länder hat der Bund die Finanzierungsverantwortung übernommen und muss deshalb die Länder mit den notwendigen finanziellen Mitteln ausstatten, um die Aufgabe des SPNV leisten zu können. Sofern die gesetzliche Deckelung der Trassenentgelte unwirksam ist, muss der Bund den Ländern kurzfristig den Mehraufwand durch die steigenden Trassenentgelte ausgleichen, um den SPNV vor dem Kollaps zu bewahren“, fordert Jan Görnemann, Sprecher der Geschäftsführung des Bundesverbands SchienenNahverkehr (BSN).
BSN fordert einvernehmliche Lösung der gesamten Branche
Die Entscheidung des VG Köln bietet Anlass, durch eine Neuregelung die Finanzierung der bundeseigenen Schienenwege auf eine stabile Basis zu stellen und damit allen Nutzern der Schienenwege und dem Betreiber der Infrastruktur gerecht zu werden.
Thomas Prechtl, der Präsident des BSN, skizziert dafür bereits einen Lösungsansatz: „Die Trassenpreise sollten nur noch nach den Grenzkosten, also den unmittelbaren Kosten des Zugbetriebs, berechnet werden. Das entlastet alle Nutzer der Schienenwege gleichermaßen und erhöht deren Wettbewerbsfähigkeit gegenüber der Straße. Dieses Vorgehen ist auch mit europäischem Recht vereinbar. Fixkosten und Investitionen müssten dann in Zukunft anderweitig gedeckt werden. Wenn die Trassenpreise für alle Nutzer der Schienenwege auf der Grundlage der Grenzkosten berechnet werden, sinken die Trassenpreise deutlich. Das gibt dem Bund den Spielraum für eine Senkung der Regionalisierungsmittel. Der Bund hätte dann wieder mehr Geld für Investitionen in die marode Infrastruktur zur Verfügung. Dazu müsste aber die Infrastruktursparte zunächst aus dem Konzernverbund gelöst werden, um sie dann über einen Infrastrukturfonds mit den benötigten Mitteln für Investitionen auszustatten.“
Quelle: Bundesverband SchienenNahverkehr